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Noch was zum Thema Vertrauen

13.01.2021

Im Moment ist Lammsaison. Alle paar Tage kommen neue Lämmchen auf die Welt. Meistens komme ich morgens in den Stall und da ist wieder eines mehr. Komplikationslos werfen die Schafe ihre Lämmer, schlecken sie trocken und schubsen sie vorsichtig in Richtung Euter, damit sie die wichtige Biestmilch aufnehmen können. Bei den erfahrenen Schafen muss man sich da eigentlich keine Sorgen machen. Doch bei manchem Jungschaf, das zum ersten Mal lammt, habe ich es jetzt schon häufiger erlebt, dass es zwar vorbildlich trocken schleckt und auch intuitiv mit dem Lamm kommuniziert, aber sobald das Lamm das Euter berührt, zuckt das Schaf zusammen und geht einen Schritt weg.

Diese Situation hatte ich heute mit meiner Anni. Sie hat Zwillinge geworfen und wollte sie nicht trinken lassen. Da gibt‘s nur eins: Mutterschaf festhalten und Lämmchen an die Zitzen hängen. Und jetzt kommt das Thema Vertrauen ins Spiel. Dadurch dass Anni mich seit ihrer Geburt kennt und ich sie jeden Morgen kraule, hat sie kein Problem damit, dass ich jetzt zu ihr gehe, ihre Brust am Gatter mit meinem Arm arretiere, mit meinem Kopf ihren Bauch leicht gegen das Gatter drücke und mit der freien Hand eines der Lämmchen nehme und an die Zitze führe. Das zweite wird an die andere Zitze angedockt. Beide nuckeln gierig. Das Jungschaf gewöhnt sich mit der Zeit an das Nuckeln.

Wenn ich den täglichen Umgang mit den Tieren und ihr Zutrauen nicht hätte, wäre eine solche Aktion extrem stressig. Das Mutterschaf hätte Angst, würde davon laufen etc., im Zweifel müsste man die Lämmchen mit der Flasche aufziehen, was sehr zeitaufwändig ist. Seit dieser Saison versuche ich im speziellen die Schaflämmer von klein auf daran zu gewöhnen sich überall anfassen zu lassen. Das erleichtert auch die Arbeit des Tierarztes und des Schafscherers und verringert den Stress des Tieres bei deren Behandlungen.